Fast ein wenig unwirklich erscheint mir meine Ankunft: nach dem knapp einstündigen Flug von München und einer nur kurzen Fahrt vom Flughafen Christopher Kolumbus in das Stadtzentrum, stehe ich inmitten des Gewusels in den engen Gassen der Altstadt Genuas. Eine Touristengruppe zieht geräuschvoll ihre Rollkoffer über das holprige Kopfsteinpflaster, ein Vespa-Fahrer bahnt sich knatternd seinen Weg durch die Häuserschluchten und zwei italienische Seniorinnen tauschen sich, unbekümmert der sie umgebenden Geschäftigkeit, in ihrem melodischen Italienisch über den neuesten Klatsch und Tratsch aus. Willkommen in Genua!
Genua, die Hauptstadt Liguriens, liegt ziemlich genau in der Mitte des italienischen Küstenstreifens, der Ligurien ausmacht. Westlich von Genua erstreckt sich die Riviera delle Palme und die Riviera dei Fiori mit den Orten San Remo und Finale Ligure, östlich erstreckt sich die Riviera di Levante, das touristische Juwel Cinque Terre sowie der Golfo della Spezia.
Reichste Stadt Europas
Ihre Bedeutung verdankt die Stadt Genua dem Meer: zusammen mit der großen Rivalin Venedig, beherrschte Genuas Flotte jahrhundertelang das Mittelmeer bis hin zum Orient. Im 16. und 17. Jahrhundert galt Genua sogar als reichste Stadt Europas. Diese Macht musste natürlich gebührend gezeigt werden und so wandelt man heute als Besucher zwischen prunkvollen Palästen und prachtvollen Bauten, architektonischen Zeugnissen der damaligen Zeit, und kann sich gar nicht an all der Schönheit sattsehen.
Doch erst seit ein paar Jahren präsentiert sich die Regionalhauptstadt Liguriens in dieser Pracht. „Vor 25 Jahren hätte vermutlich niemand ein gutes Wort an Genua gelassen“, erinnert sich Ricardo zurück. Ricardo ist gebürtiger Genuese und arbeitet seit 1989 im wohl schönsten Museum der Stadt, dem Palazzo Rosso. Ich lerne Ricardo kennen, als ich, staunend von all der Pracht, aus Versehen mein Handy auf den glatten Marmorboden fallen lasse. Natürlich muss er als Angestellter des Museums gleich nach dem Rechten sehen und nach den ersten unbehaglichen Minuten, entsteht eine nette Unterhaltung über Genua und die zahlreichen Schätze, die diese Stadt heute für ihre Besucher bereithält.
2006 wurde die Altstadt Genuas zum UNESCO Weltkulturerbe gekürt
Ich lerne durch Ricardo, dass Genua lange Jahre ein eher tristes Dasein als Industriestadt und Fährhafen fristete. Der einstige Ruhm war vergessen, die Häuserfassaden der Altstadt waren durch den täglichen Durchgangsverkehr grau und verschmutzt; von den Palazzi, die heute in frischem Glanz erstrahlen, bröckelte der Putz. Alles änderte sich mit den Feiern zum Kolumbusjahr 1992. Christoph Kolumbus, der berühmteste Sohn Genuas, sollte gebührend geehrt werden und die Stadt nahm die Feierlichkeiten für die ersten Restaurierungsarbeiten zum Anlass. Der Verkehr wurde aus dem Zentrum der Altstadt verbannt, Stararchitekt Renzo Piano verwandelte den einstigen Handelshafen Porto Antico in einen modernen Anziehungspunkt für Touristen. 2001 wurde Genua weltweit vielbeachteter Austragungsort des G8-Gipfels und schließlich wurde die Stadt im Jahr 2004 zur Europäischen Kulturhauptstadt ernannt. Zwei Jahre später erhielt Genua dann den finalen Ritterschlag der UNESCO: der immensen Aufwand, den die Stadt für die Restaurierung der Altstadt getätigt hatte, wurde mit dem Weltkulturerbe-Titel belohnt. Ein beachtlicher Imagegewinn, der nochmals für touristischen Aufschwung sorgte. Heute ist Genua ein wichtiger Startpunkt für große Kreuzfahrtschiffe in alle Welt und der Tourismus ist zu einem wichtigen Bestandteil der Wirtschaft geworden.
Genua birgt zwar ein verzweigtes Labyrinth aus Gassen, dennoch kann man die Stadt bequem zu Fuß erlaufen.
Als Erstes würde ich euch einen Abstecher in die zentral gelegene Tourist-Information empfehlen. Sie liegt inmitten der Prunkstraße, der Via Garibaldi (Via Garibaldi 12. Täglich von 9:00 bis 18: 30 Uhr geöffnet). Hier erhaltet ihr tolles Informationsmaterial und eine gute Beratung und die eine oder andere persönliche Empfehlung der Mitarbeiter. Auch gibt es seit neuem eine kostenfreie City App, die einige interessante Tipps und Routenempfehlungen für euch bereithält.
Meine sechs persönlichen Empfehlungen für Genua
Über den Dächern Genuas
Genua hatte nicht viel Platz um sich zur Handelsmetropole zu entwickeln. Die Stadt wuchs über die Jahrhunderte in den Hang hinein, Autofahrer werden über ein verworrenes Labyrinth aus Brücken und Tunnels durch die Metropole geleitet. Treppengassen, steile Straßen, Aufzüge und Zahnradbahnen prägen noch heute das Stadtbild. Gut für die Besucher, denn es gibt unzählige Plätze um den Blick über Genuas Häusermeer schweifen zu lassen und das Panorama über die Stadt aus der Vogelperspektive zu genießen. Zum einen habt ihr vom historischen Leuchtturm einen tollen Ausblick über den Hafenbereich. 172 Stufen, die sich auf jeden Fall lohnen! Nur 100 Meter vom Aquarium entfernt, könnt ihr euch mit dem Panoramaaufzug Bigo für 4 Euro nach oben befördern lassen. Eine weitere Möglichkeit, die mir persönlich leider auf Grund von Bauarbeiten verwehrt blieb, ist die Fahrt mit der Funicolare, der Zahnradbahn, auf den Righi Hügel. Der Ausblick über Genua muss von hier fantastisch sein! Mein absoluter Favorit, und der Platz an dem ich ganz ungestört Genua von oben genießen konnte, ist die Dachterrasse im Palazzo Rosso. Ein Lift bringt euch auf das Dach des Palazzo und die Sicht über Genua ist atemberaubend.
Eine Bootstour rund um den Alten Hafen
Wer verstehen will, wie wichtig Genuas Hafen für die damalige Handelsstadt war, dem empfehle ich eine rund einstündige Bootstour rund um den Hafenbereich. Vom Wasser aus habt ihr einen tollen Blick auf die Stadt und ihre wichtigsten Wahrzeichen (u.a. der historische Leuchtturm) und auch das eine oder andere große Kreuzfahrtschiff kann von Nahem betrachtet werden.
Das größte Aquarium Europas…
…findet ihr direkt am Alten Hafen, dem Porto Antico. 10.000 Quadratmeter Fläche, sechs Millionen Liter Wasser, 39 Ausstellungsbecken, 200 Pflanzenbecken und allein 200 Becken für die Pflege und Aufzucht der Meeresbewohner sind eine stattliche Zahl, die (leider) auch einen stolzen Eintritt abverlangt (Erwachsene zahlen 24 Euro pro Ticket). Dennoch lohnt sich die Investition, denn rund 10.000 Meerestiere (darunter Robben, Delfine, Haie, Pinguine und Seekühe) könnt ihr in dem modernen Aquarium bestaunen und aus nächster Nähe erleben. Mein Tipp: möglichst früh am Morgen vor Ort sein. Mittags und nachmittags müsst ihr lange Wartezeiten vor den Kassen mit einkalkulieren.
Schlendern durch die Via Garibaldi
Einige der schönsten Palazzi befinden sich in der Via Garibaldi, der ehemaligen Strada Nuova. Hier reiht sich ein Prachtbau an den anderen. Früher wohnten hier reiche Kaufleute, heute findet ihr hier vor allem Museen und große, internationale Banken. Leider kommt durch die schmalen Gassen, die eigentliche Schönheit der Bauten gar nicht richtig zur Geltung. Einige Palazzi sind jedoch für die Öffentlichkeit geöffnet und ihr könnt kostenfrei versteckte Innenhöfe und Kleingärten entdecken.
Insbesondere die durch einen Rundgang verbundenen Palazzi Rosso, Biancho und Tursi lohnen einen Besuch! Ein günstiges Kombi-Ticket (9 Euro für Erwachsene) verbindet alle drei Museen miteinander. Im Palazzo Rosso werden in den, von den wichtigsten Vertretern der Genueser Schule dekorierten Sälen, die historischen Einrichtungen und die private Kunstsammlung der Familie Brignole-Sale mit Werken von Künstlern aus Genua, Italien und dem Ausland aufbewahrt. Der Palazzo Biancho enthält die wichtigste Gemäldegalerie Liguriens, in der Werke von flämischen, italienischen und genuesischen Malern ausgestellt sind. Der Palazzo Tursi ist einer der großartigsten Privatwohnsitze der Stadt, der über einen romantischen Garten mit dem Palazzo Biancho vebunden ist. Im Palazzo kommt die Wirtschaftsmacht Genuas nochmals zum Ausdruck: Wertvolle Wandteppiche, Keramik und Münzen… ein perfekter Ort für Kunst- und Kulturinteressierte.
Einkaufsbummel und italienisches Marktleben
Zwischen der Via XX Settembre und der Piazza Fontane Marose finden Shoppingfreunde edle Modehäuser und zahlreiche Boutiquen zum Geld ausgeben. Für mich ist es bei jeder Reise ein besonderes Vergnügen über Märkte zu streifen. Das Beobachten des geschäftigen Treibens am Stand, die Geräuschkulisse, der Geruch nach allen möglichen Speisen und Köstlichkeiten, das Betrachten exotischer Früchte und bunter Gemüsesorten. Besonders reizvoll ist der Mercato Orientale, der mitten in der Via XX Settembre in den Gemäuern eines früheren Klosters untergebracht ist. Die Stände biegen sich hier unter dem üppigen Angebot, das von Fisch über Käse bis hin zu exotischen Gewürzen reicht.
Die kulinarischen Spezialitäten Genuas: Restaurantempfehlungen
Direkt am Hafen gelegen befindet sich das Restaurant „Die drei Raben“ (I tre merli). Live könnt ihr dabei zusehen, wie das fluffige Foccacia hinter einer Glasscheibe zubereitet wird. Der fangfrische Fisch und die typisch genuesischen Spezialitäten sind köstlich!
Das grüne Pesto a la Genovese trägt nicht umsonst den Namen der Stadt Genua. Nahe der Via XX Settembre (Via Galata 35) findet ihr das unscheinbare Restaurant „Il Genovese“ von Roberto Panizza. Roberto ist nicht nur ein wunderbarer Koch, nein, er ist auch Erfinder der sogenannten Pesto-Weltmeisterschaft. Das Lokal ist in den Abendstunden restlos ausgebucht, daher empfehle ich euch unbedingt im Vorfeld einen Platz zu reservieren.
Die Reise nach Ligurien wurde unterstützt durch die Regional Agency for Tourism Promotion "In Liguria".
Die Artikel geben die Meinung der Autorin wieder.
Danke für die Empfehlung für einen Kurzurlaub. Vielleicht sogar über das Pfingstwochenende?