Jerusalem für Frühaufsteher

Touristische Orte entdecke ich gerne abseits der Massen. In den häufigsten Fällen heißt das für mich, früh aufzustehen und vor den Bus- und Besuchergruppen unterwegs zu sein. Dass sich das Ganze richtig lohnt, möchte ich euch am Beispiel Jerusalems zeigen, wo ich mich frühmorgens zum Tempelberg aufgemacht habe.

Denkt man an Jerusalem, denkt man meist an den Felsendom mit seiner goldenen, im Sonnenlicht glänzenden Kuppel. Zwei Tage Aufenthalt hatte unser Sightseeing-Programm in Jerusalem vorgesehen und für mich gehörte ganz selbstverständlich auch der Besuch des Tempelbergs und des dort befindlichen Felsendoms zum Pflichtprogramm mit dazu. Doch diese Überlegung hatte ich wohl ohne unseren Guide aufgestellt, der sich schlichtweg weigerte mit uns diesen Ort aufzusuchen. Lag es daran, dass er als gläubiger Jude diesen sensiblen Platz nicht betreten wollte? Sollten tatsächlich die langen Besucherschlangen bzw. die von ihm aufgeführten, willkürlichen Abweisungen durch muslimisches Sicherheitspersonal die Gründe sein? Ich wusste nicht recht sein Verhalten einzuordnen, alles was ich wusste war, dass ich den Tempelberg und den Felsendom unbedingt auf meiner Reise sehen und erleben wollte.

Sonnenaufgang über den Dächern Jerusalems.

Sonnenaufgang über den Dächern Jerusalems.

Nervenkitzel

Der Vormittag steht uns zur freien Verfügung und eine Bloggerkollegin und ich beschließen diese Chance am Schopf zu packen und uns frühmorgens auf den Weg in Richtung Felsendom zu machen. Wir wollen es zumindest probiert haben, rechnen – wie von unserem Guide prophezeit – mit langen Schlangen und einer möglichen Abfuhr am Eingang. Und ehrlich gesagt: ein wenig flau ist uns dann doch im Magen, als wir um 7:00 Uhr morgens aufbrechen.

Die wenigen Schritte vom Hotel in Richtung Altstadt reden wir uns Mut zu, weichen Schulkindern und Einheimischen auf dem Weg zur Arbeit aus und erreichen zügiger als angenommen das Damaskustor – den Eingang ins Arabische Viertel. Die Händler, die in wenigen Stunden ihre Ware den Passanten feilbieten werden, sind noch nicht vor Ort, die Besuchergruppen sind in ihren Hotels noch mit dem Frühstück beschäftigt. Die Altstadt gehört in diesem Moment ganz ihren Bewohnern – nur wir beiden westlichen Frauen stören das morgendliche, harmonische Bild. Dank der guten Beschilderung finden wir uns schnell im Labyrinth der Gassen zurecht und stehen nach nur wenigen Minuten vor den Einlasskontrollen zur Klagemauer. Ein Blick in unsere Taschen, ein kurzes Nicken – problemlos passieren wir die erste Sicherheitsschleuse. Ganz in der Nähe, nicht weit entfernt von der Klagemauer, muss der Zugang zum Felsendom sein.

Über diese Holzrampe gelangt man zum Tempelberg.

Ultraorthodoxe Juden beim morgendlichen Gebet an der Klagemauer.

Felsendom im Morgenlicht

Nicht-Muslimen ist der Zugang zum Tempelberg nur über eine überdachte Rampe möglich. Ich hatte mich noch einen Tag zuvor gewundert, wohin diese Rampe führen soll, jetzt laufe ich selbst durch den lichtdurchfluteten Holzschacht und befinde mich dabei nur wenige Meter über den Betenden an der Klagemauer.

Es ist nun 7:30 Uhr, von einer Besucherschlange ist weit und breit nichts zu sehen

Kurz müssen wir unseren Pass herzeigen und werden aufgefordert unseren Kopf und Oberkörper mit einem Tuch zu bedecken. Wir sind vorbereitet und haben nach einer weiteren israelischen sowie arabischen Sicherheitsschleuse unser Ziel erreicht: wir stehen auf dem Plateau des Tempelbergs, neben uns die Al-Aqsa Moschee, und vor uns, nur durch einige Stufen getrennt, erstrahlt der Felsendom im Morgenlicht. Wir sind die ersten Touristen an diesem Tag, erst eine knappe halbe Stunde später treffen wir auf eine deutsche Gruppe mit ihrem Guide.

Einige Männer liegen im Gras, lesen, unterhalten sich auf Arabisch. Eine Gruppe muslimischer Mädchen zieht eiligen Schrittes an uns vorbei, hinterlassen eine kleine Wolke orientalischen Parfüms. Wir haben es geschafft, blicken uns ein wenig ungläubig an, in unseren Augen liegt die Frage: „Wie jetzt, das sollen nun alle Hürden gewesen sein?“.

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Der Felsendom im Morgenlicht

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Hierfür hat sich das frühe Aufstehen doch gelohnt!

Wir sind die ersten Touristen an diesem Morgen

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Das Gelände rund um den Felsendom – nichts lässt vermuten, dass sich hier teils emotionale Glaubenskämpfe abspielen.

Kurzer Abriss über die Geschichte des Tempelbergs

„Als Gott die Welt schuf, schien das Licht zuerst über dem Tempelberg“, heißt es in einer Überlieferung. Nirgends kommen sich Juden, Muslime und Christen in Jerusalem näher als an diesem Ort, daher gelten hier auch verstärkte Sicherheitsvorkehrungen. 960 v. Christus erbaute König Salomo, von einer hohen Mauer umgeben, den Ersten Tempel auf dem Tempelberg. 587 v. Christus stiehlt Nebukadnezar II alles Wertvolle aus dem Tempel, zerstört ihn und führt die Juden als Gefangene nach Babylon. König Herodes der Große erbaut daraufhin einen Zweiten Tempel, Nicht-Juden ist der Zutritt zu dem prachtvollen Tempel nicht erlaubt. Im Jahr 70 n . Christus brennen römische Legionäre in ihrem Siegesrausch den Tempel nieder, nur die westliche Mauer bleibt erhalten, die heutige Klagemauer. Im Jahr 130 n. Christus platziert Kaiser Hadrian einen Jupitertempel auf dem Berg – der Legende nach ist das die Ursache des zweiten jüdischen Krieges gegen Rom und endet schließlich mit der Vertreibung aller Juden aus Jerusalem. 638 n . Christus erobert Kalif Omar Jerusalem. An dem Felsen, an dem Abraham sein Opfer dargebracht haben soll, lässt er den „Qubbet el Sachra“ bauen, den heutigen Felsendom. Dieses Gebäude mit seiner markanten goldenen Kuppel erinnert heute die Muslime an die Himmelfahrt des Propheten Mohammed und markiert das Zentrum der Welt. Ein hochsensibler, emotional stark aufgeladener Ort zu dem der Eintritt freitags und an islamischen Feiertagen, im Ramadan und zu Gebetszeiten teilweise untersagt ist. Auch der Gang in das Innere des Felsendoms bleibt uns bei unserem Besuch untersagt.

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Eine Gruppe muslimischer Schülerinnen zieht eiligen Schrittes an uns vorbei.

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Bunte Mosaike und feine Kalligraphiezeichnungen schmücken das Äußere des Felsendoms. Ins Innere wird uns leider der Zugang untersagt.

Frühstück im Greg Café

Dennoch: wir sind stolz, dass wir uns trotz der Horrorgeschichten unseres Guides auf eigene Faust auf den Weg gemacht haben und verlassen den Tempelberg über eines der Tore wieder in Richtung Altstadt. Ein paar Stunden haben wir noch, in der Zwischenzeit haben die Händler ihre Marktstände und Buden aufgebaut, die ersten Touristengruppen schnattern an uns vorbei. Mir ist nach Frühstück und Kontrastprogramm und ich verlasse die historische Altstadt über das Jaffa Tor in Richtung Mamilla Mall – einer nahegelegenen Shoppingmall im teuersten Wohn- und Geschäftsviertel Jerusalems.

Hier reiht sich eine Boutique an die nächste, feine Sandsteinfarben wechseln sich ab mit puristischem Design, lokale Künstler stellen entlang der Einkaufsstraße Skulpturen und Plastiken aus. Mein Ziel ist das Greg Café, das mit einem köstlichen Frühstücksangebot, frischen Säften und einer großen Karte für Vegetarier und Veganer aufwartet.

Es ist 9:00 Uhr, vor mir steht ein Glas frisch ausgepresster Karottensaft, ich sitze auf einem kleinen Balkon in der Morgensonne und sehe Jerusalem ein zweites Mal erwachen.



Die Reise fand im Rahmen einer Kooperation mit dem Israel Ministry of Tourism statt. 
Der Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wieder.

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