Das Hotel Natur- und Spa Bergkristall in Oberstaufen bietet seinen Gästen seit Frühjahr 2016 die Gelegenheit, in einem fünftägigen Workshop unter Anleitung des bekannten Ayurveda-Therapeuten Keerthi Bandara in die indische Lehre des Ayurveda einzutauchen. Ich habe, etwas überarbeitet und auf der Suche nach dem inneren Gleichgewicht, die Chance beim Schopf gepackt und durfte bei der Premiere des Ayurveda-Erleben Workshops mit dabei sein. Hier nun die Fortsetzung des ersten Teils meines Workshop-Berichts.
Morgens um 7 Uhr werde ich von Vogelgezwitscher und den ersten Sonnenstrahlen wach
Obwohl ich normalerweise in der ersten Nacht an einem fremden Ort nicht sonderlich gut schlafe, habe ich eine verhältnismäßig gute Nacht hinter mir. Vielleicht hatte der Zirbensack neben meinem Bett die gewünschte beruhigende Wirkung, vielleicht lag es auch an der speziellen Matratzenauflage, die elektromagnetische Strahlung abhalten soll oder vielleicht habe ich meine gute Nacht auch meinem ersten ayurvedischen Abendessen zu verdanken, das zwar auf den ersten Blick nach recht wenig aussah, aber letztendlich für ein gutes und sattes Gefühl sorgte.
Raus aus den Federn, rein in den Bademantel und erstmal den hoteleigenen Fitness- und Wellnessbereich erkunden!
Auf 2.000 Quadratmetern Spa-Bereich bietet sich mir an diesem frühen Morgen alles, was das Spa- und Wellnessherz höher schlagen lässt. Das Highlight ist ganz klar der wunderschöne Infinitypool mit Blick auf die verschneite Bergkette. Aber auch der Innenbereich mit seiner weitläufigen Saunalandschaft, dem Kneippbecken, Eisbrunnen, Infrarotkabinen und dem geschmackvoll eingerichteten Ruheraum mit Blick auf die Hirsche und Rehe im benachbarten Wildgehege überzeugt. Bevor ich mich jedoch in dem beheizten Infinitypool treiben lasse, teste ich erst einmal die Geräte im Fitnessraum. Nach einer halben Stunde (das reicht für den Anfang) ist es dann aber – auf leerem Magen – auch genug. Ich bin sowieso nicht der pure Gerätetyp und freue mich auf das Kursprogramm, das im Gymnastik- und Yogaraum nebenan angeboten wird. Später werde ich hier meine erste Yoga-Stunde besuchen….Oh Gott, ich hoffe, ich werde mich als Anfänger nicht allzu tapsig anstellen.
Beschwingt mache ich mich nach meinem Frühsportprogramm auf zum Frühstück
Ich liebe Frühstücken – die erste Mahlzeit am Tag wird von mir zu Hause nahezu zelebriert; ohne Frühstück und einer großen Tasse Milchkaffee geht bei mir morgens gar nichts. Daher bin ich auch umso verdutzter, als mir ein kleiner Teller mit einem undefinierbaren, breiartigen Etwas vor die Nase gestellt wird.
Jetzt heißt es stark sein und den Blick an die Nebentische meiden
Dort gibt es Spiegeleier mit Bacon, ofenfrische Croissants, duftenden Kaffee, frisch gepressten O-Saft…. Oh weia. Hatte Keerthi gestern nicht im Willkommensgespräch erzählt, dass Ayurveda auch immer mit Freude und Genuss zu tun hat und positive Sinneseindrücke die Verdauung stärken? Nun ja, ein Positives hat mein Frühstück: ich esse langsam und mit Bedacht. Nach einer halben Ewigkeit ist die Portion vertilgt und mit warmem Ingwerwasser heruntergespült. Auf der Titelseite der heutigen Hotel-Post steht als Spruch des Tages: „Lache, und die Welt lacht mit Dir“ – richtig, in solchen Situationen hilft nur Zähne zusammenbeißen und versuchen es einigermaßen mit Humor zu nehmen.
Ich bin der sogenannte Vata-Kapha Typ
Um 11 Uhr steht mein sogenanntes Konstitutionsgespräch mit Keerthi auf dem Plan. Nun erfahre ich also, welchem der drei Ayurveda-Typen (Doshas) ich angehöre. Ich bin schon ein wenig nervös und habe keine Ahnung, was in den kommenden Minuten auf mich zukommen wird. Keerthi sitzt mir in einem der Behandlungszimmer gegenüber, neben dem kurzen Moment am Begrüßungsabend, hatten wir bisher noch nicht die Gelegenheit uns zu unterhalten.
Er reicht mir ein Blatt mit einigen Fragen zu meinem Körperbau, der Beschaffenheit meiner Haut und Haare, meinem Schlafverhalten und Hungerempfinden bis hin zur Ausprägung meiner Sinne und meines persönlichen Naturells. Während ich meine Kreuzchen setze, schreibt Keerthi emsig in sein Notizbuch und bevor ich mein Ergebnis (eine Mischung aus Vata und Kapha) verkünden kann, bedeutet mir Keerthi damit noch einen Moment zu warten. Dafür beginnt er, mich über die nächsten Minuten in einer Art und Weise zu charakterisieren dass man meinen könnte, wir wären seit Kindertagen zusammen aufgewachsen. Letztendlich kommt er auf das identische Ergebnis wie mein zuvor ausgefüllter Fragebogen: Ich bin ein Vata-Kapha Typ. Ich bin beeindruckt aber es ist auch ein wenig gespenstisch, wie Keerthi, nur auf Grund einer kurzen, intensiven Beobachtung, aus mir lesen kann wie aus einem Buch. Keerthi Bandara ist ein Experte auf seinem Gebiet, das ist mir nach dem halbstündigen Gespräch klar. Und: Ich werde bei Keerthi, in den kommenden Tagen, in den besten Händen sein.
Meine Yoga-Premiere: Ich gähne mit den anderen Teilnehmern herzhaft um die Wette
Bevor ich mich in die besagten Hände begebe (meine erste Behandlung am Nachmittag nennt sich geheimnisvoll „Abhyanga“), besuche ich noch eine Kursstunde „Relax-Yoga“. Meine anfängliche Furcht mich zu blamieren ist vollkommen unbegründet: die Übungen sind auch für mich als Einsteigerin geeignet und alle Bewegungen werden ausführlich von der Kursleitung erklärt und notfalls bei den Teilnehmern direkt am Platz korrigiert. In dieser Stunde lerne ich vor allem meine Atmung kennen, gähne mit den anderen Teilnehmern um die Wette und spüre das erste Mal seit langem wieder bewusst alle Muskeln und Sehnen meines Körpers. Eine wahre Wohltat!
Streicheleinheiten für Körper und Seele gibt es im Anschluss in Form der Ganzkörpermassage „Abhyanga“ bei Keerthi
Vor der Massage sammelt sich Keerthi, hält inne, fokussiert sich, legt seine Hand auf meinem Hinterkopf ab. Es ist, als versuche er durch das Handauflegen alles Negative aus dem Körper zu lösen. Volle 90 Minuten werde ich mal zart, mal dynamisch, aber immer mit ruhigen, gleichmäßigen Bewegungen mit warmen Ölen massiert. Im Hintergrund dudelt leise Entspannungsmusik und ich werde sorgfältig von Kopf bis Fuß von Keerthi durchgeknetet. Keerthi ist die ganze Zeit mit voller Aufmerksamkeit dabei, keine Partie wird übersehen und Verhärtungen werden besonders ausgiebig wegmassiert. Zum Abschluss tippt Keerthi leicht mit den Fingerspitzen auf die gerade behandelte Partie, bis der Druck der Fingerkuppen nicht mehr zu spüren ist und man noch ein paar Minuten in der Entspannung auf der warmen Behandlungsliege ausharren darf. Himmlisch!
Bye, bye Hungergefühl!
Und auch kulinarisch steigert sich das ayurvedische Geschmackserlebnis: die vegetarischen Mittag- und Abendessen sind so köstlich, dass ich keine Sekunde ein Fleischstück vermisse.
Und auch das Frühstück hat sich gemausert
Zwar bekommen wir immer noch jeden Tag einen warmen ayurvedischen Frühstücksbrei vorgesetzt, dafür hat Keerthi ihn um ein paar Zutaten ergänzt und mit Matcha-Pulver und etwas Honig verfeinert. Zusammen mit frischen Früchten hübsch in einem Glas dekoriert, macht der warme Brei gleich etwas her – diesmal gucken unsere Tischnachbarn neidisch auf unsere ausgefallene Kreation. Und das Beste ist: es schmeckt sogar richtig lecker und hält mich den ganzen Vormittag über satt! Eine Heißhungerattacke oder ein Hungergefühl stellen sich bei mir in den ganzen Tagen nicht ein einziges Mal ein.
Am dritten Tag bin ich gedanklich vollends angekommen
Morgens geht es zum Schwimmen und zum Yoga, um 10 Uhr zelebriere ich mein Frühstück und meine Zeitungslektüre. Dort wo normalerweise mein schlechtes Gewissen sitzt (Heißhungerattacken auf Chipstüte & Co) hat sich ein wohliges Gefühl der Zufriedenheit ausgebreitet. Hier im Hotel gibt es keine dieser Versuchungen, die Minibar auf dem Zimmer ist bewusst leer und die Nüsse, frischen Früchte und der süße Honig in den Speisen tun ihr Übriges, dass ich nichts Zuckerhaltiges vermisse. Noch nicht einmal meinen Cheat-Kaffee am Morgen des zweiten Tages trinke ich aus – ich bin stolz auf mich und darauf, dass ich wieder ein stückweit zu mir zurückgefunden habe.
Auch liegt ein vierstündiger Kochkurs mit Keerthi hinter mir, in dem ich alles rund um eine gesunde, ayurvedische Ernährung gelernt habe und gemeinsam mit Keerthi und den anderen Workshop-Teilnehmern ein tolles 4-Gang Menü in der Hotelküche gezaubert habe.
Zudem liegen über 300 Minuten Behandlungen (Ganzkörpermassage, Kräuterstempelmassage, Handmassage, Rückenmassage, Fußmassage…) sowie viele gute Gespräche mit Keerthi und den anderen Teilnehmern hinter mir – wie selten hatte ich mir in den letzten Wochen hierzu Zeit genommen? Immer war ein Blick auf das Handy oder den Laptop geheftet…dabei geben uns intensive Gespräche doch so viel mehr als so manch stumpfsinnige Meldung auf Facebook & Co.
An meinem letzten Abend sitze ich auf meinem Balkon und blicke auf die Berge
Ayurveda erleben im Allgäu – was sich zunächst etwas fremd angehört hat, hat mich und meinen Körper in kurzer Zeit in den Ruhe- und Erholungsmodus versetzt. Hierzu musste ich nicht extra ein Flugzeug besteigen und mich auf eine ferne Kultur und exotisches Klima einstellen, sondern ich konnte hier im Allgäu, fernab der großen Städte und mitten in der Natur, von Beginn an mein Wohlfühlprojekt in Angriff nehmen, die Seele baumeln lassen, Kraft tanken und mich auf mich und meinen Körper konzentrieren. Ein perfekter Gesundheits- und Wellnessurlaub für alle, die eine kleine Auszeit vom Alltag suchen und dabei Neues und ein stückweit sich selbst kennenlernen wollen!
Lust auf noch mehr Insights? Hier geht es zu meinem täglichen Video-Tagebuch.
Der Aufenthalt fand im Rahmen einer Kooperation mit dem Hotel Bergkristall Oberstaufen statt. Der Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wieder.